(verfasst von OA Dr. Markus Marcher, Facharzt für Thoraxchirurgie & Spezialist für Lungenkrebs)
Die häufigste Lungenkrebsart sind Bronchialkarzinome.
Was ist ein Bronchialkarzinom?
Die Bronchien sind baumartige Verzweigungen der Luftröhre, durch die die Atemluft in die Lungen gelangt. Diese sind von Schleimhaut ausgekleidet. Die oberste Deckschicht der Schleimhaut wird Epithel genannt und von Epithelzellen gebildet. Bronchialkarzinome entstehen genau aus diesen Epithelzellen.
Bei Patienten mit einem Lungenkarzinom hat die Differenzierung zwischen
- – kleinzelligem und
- – nicht-kleinzelligem Karzinom
nach wie vor die größte Bedeutung, da sich deren Therapie grundsätzlich unterscheidet.
Folgende Tumorarten werden unterschieden:
Etwa 80-85% der Bronchialkarzinome werden der Gruppe der nicht-kleinzelligen Lungenkarzinome (NSCLC), (englische Bezeichnung “Non Small Cell Lung Cancer“) zugeordnet, 5-20% sind kleinzellige Bronchialkarzinome (SCLC), (englische Bezeichnung “Small Cell Lung Cancer“).
Die Begriffe „nicht-kleinzellig“ und “kleinzellig” basieren auf der Histologie (Gewebelehre). Nicht-kleinzellig umfasst alle Bronchialkarzinome, die sich im Mikroskop nicht durch kleine Tumorzellen auszeichnen. Kleinzellig ist ein Tumor, wenn im Mikroskop kleine Tumorzellen sichtbar sind.
Vorstufen:
Vorstufen von bösartigen Tumoren bezeichnet man als Metaplasien. Sie können sich zu gesundem Gewebe zurückbilden, aber auch zu einem Tumor entwickeln
Tumor in situ (wörtlich: Tumor am Ursprungsort) nennt man einen bösartigen Tumor, der noch gänzlich auf die Epithelschicht der Bronchien begrenzt ist. Ein Tumor in situ (abgekürzt Tis) kann noch keine Metastasen verbreiten und ist vollständig heilbar.
Das nicht-kleinzellige Bronchialkarzinom (NSCLC= non small cell lung cancer)
Etwa 80-85% aller Bronchialkarzinome gehören der Gruppe der NSCLC („Non small cell lung cancer“ an! Von den NSCLC sind gegenwertig etwa 40% Adenocarzinome und 40% Plattenepithelkarzinome (=vorwiegend die Krebsart welche bei Rauchern zu finden ist). Die verbleibenden NSCLC sind großzellig anaplastische und seltenere histologische Subtypen.
Das kleinzellige Bronchialkarzinom (SCLC=small cell lung cancer)
Das kleinzellige Bronchialkarzinom (SCLC) gehört (zusammen mit den Karzinoiden) zur Gruppe der neuroendokrinen Tumoren und kann in veschiedener histologischer Ausrprägung als kleinzelliges, intermediär-zelliges und gross-zelliges neuroendokrines Karzinom auftreten. Damit werden alle Lungenkarzinome zusammengefasst, bei denen im Mikroskop kleinzelliges Gewebe nachgewiesen werden kann. Kleinzellige Lungenkarzinome machen circa 15 Prozent der Lungentumore aus. Diese Tumorart kann rasch wachsen und früh Absiedelungen in anderen Körperregionen bilden (Metastasen) und hat somit insgesamt eine schlechtere Prognose.
Lage von Lungentumoren
Grundsätzlich können Lungentumore überall in der Lunge auftreten. Manche histologische Typen treten jedoch an bestimmten Lokalisationen auf.
- Das kleinzellige Bronchialkarzinom und das Plattenepithelkarzinom sind häufig zentral um die großen Bronchien gelegen.
- Adenokarzinome entstehen meistens eher am Lungenrand (peripher).
- Der Pancoast-Tumor ist eine Sonderform des Bronchialkarzinoms, der in den obersten Spitzen der Lunge (etwa auf Höhe des Schlüsselbeins) auftritt.
Wie entsteht Lungenkrebs?
Lungenkrebs entsteht durch die Veränderung der Erbinformation (DNA) in einer Zelle. Eine Genveränderung erfolgt zumeist durch krebserregende Schadstoffe und zufällige Fehler (spontane Mutationen) bei der Zellteilung. Entartete Zellen haben ihre normalen Kontrollmechanismen für Wachstum, Teilung und Absterben verloren. Sie vermehren sich unkontrolliert.
Wie häufig ist Lungenkrebs?
Lungenkrebs gehört im deutschsprachigen Raum bei Männern und Frauen zu den häufigsten Krebserkrankungen. Weltweit ist Lungenkrebs die häufigste Krebstodesursache, aber die geographische Verteilung zeigt große regionale Unterschiede. Lungenkrebs tritt am häufigsten in entwickelten Ländern in Nordamerika und Europa auf und ist seltener in Entwicklungsländern, speziell in Südafrika und Südamerika. Während die Erkrankungshäufigkeit in den entwickelten Ländern abnimmt, nimmt sie in den Entwicklungsländern zu.
Risikofaktoren
Rauchen, Passivrauchen, Ernährung, Radon und ionisierende Strahlung sowie partikuläre Luftverschmutzung und genetische Vorbelastungen sind die führenden Risikofaktoren. Die berufliche Exposition gegenüber Kanzerogenen wird für ca. 9-15% aller Lungenkrebsfälle verantwortlich gemacht.
Zigarettenrauch als Ursache von Lungenkrebs ist der alles überragende Risikofaktor, der bereits in den 1950er Jahren beschrieben wurde und dessen nachteiliger Einfluss in einer Vielzahl von Untersuchungen immer wieder belegt wurde. Der Teer-, Nikotin- und Kohlenmonoxidgehalt von Zigarettenrauch ist über die letzten Dekaden in den meisten Ländern deutlich gefallen ohne dass dies das Krebsrisiko verringert hätte, ein klarer Hinweis darauf, dass die Einführung der ‚leichten’ Zigarette keinen Beitrag zur Verminderung des Lungenkrebsrisikos leistet.
- Die Dauer des Rauchens ist der wichtigste Einflussfaktor
- Je früher man mit dem Rauchen beginnt und je länger man raucht, umso höher ist das Risiko
- Das Risiko steigt auch proportional zur Anzahl gerauchter Zigaretten
- Mit dem Rauchen aufzuhören senkt das Risiko
- Je früher man mit dem Rauchen aufhört, um so größer ist der Nutzen
- Der karzinogene Effekt des Rauchens ist für Männer und Frauen vergleichbar
- Rauchen erhöht das Risiko für alle histologischen Zelltypen
Symptome
Lungenkrebs im Frühstadium macht keine Beschwerden. In vielen Fällen ist die Lungenkrebserkrankung deshalb zum Zeitpunkt die Diagnose bereits fortgeschritten. Die häufigsten Symptome sind in nachfolgender Liste zusammengefasst
- Husten
- Gewichtsverlust
- Luftnot
- Brustschmerzen
- Hämoptyse (Blutiger Auswurf)
- Knochenschmerzen
- Fingerendteilveränderungen (Clubbing)
- Fieber
- Schwächegefühl
Die drei häufigsten Symptome bei fortgeschrittener Lungenkrebserkrankung sind: Atemnot, Husten und Bluthusten (Hämoptysen).
Diese Beschwerden können mit fortschreitender Erkrankung an Häufigkeit und auch Intensität zunehmen. Auch Symptome durch Metastasen treten mit fortschreitender Erkrankung häufiger auf, wie z.B.: Rückenschmerzen, Knochenschmerzen, Müdigkeit und Schwäche, Kopfschmerzen und Verwirrtheit.
Etwa ein Drittel der Symptome wird durch den Primärtumor verursacht. In einem weiteren Drittel der Erkrankungsfälle existieren systemische Symptome wie Anorexie, Gewichtsverlust oder Schwächegefühl (Asthenie), und in wiederum einem Drittel der Erkrankungen sind für einen definierten Metastasierungsort spezifische Symptome vorhanden.
Mehrwöchige bis mehrmonatige Verzögerungen in der Diagnosestellung sind häufig. Sie entstehen einerseits durch die relativ späte Vorstellung des Patienten bei seinem Hausarzt, andererseits durch die verzögerte Überweisung an den Spezialisten (Onkologen, bzw. an den Lungenfacharzt oder Thoraxchirurgen).
Zentrale Lungenkarzinome führen häufiger als periphere Tumoren zu klinischen Symptomen. Husten (auch ein sich ändernder Hustencharakter des COPD-Patienten mit bekanntem chronischen Husten) ist das am häufigsten beobachtete Symptom, gefolgt von Dyspnoe, Brustschmerzen und Hämoptyse bzw. Expektoration eines blutig tingierten Sputums.
Brustwandschmerzen oder Thoraxschmerzen sind durch die Invasion des Tumors in die Pleura bzw. Brustwand bedingt und treten bei ca. 50 % der Patienten im Krankheitsverlauf auf. Auch eine Rippenmetastasierung kann für Thoraxschmerzen verantwortlich sein.
Früherkennung von Lungenkrebs
Krebserkrankungen sind meist umso besser behandelbar und eher heilbar, je früher sie erkannt werden. Die Möglichkeiten der Früherkennung von Lungenkrebs sind begrenzt.
CT-Thorax (Computertomographie):
Die Computertomographie des Brustkorbes ist die geeignetste Methode zur Früherkennung eines Bronchialkarzinoms. Von einigen Fachgruppen gibt es Empfehlungen, bestimmten Risikopersonen ab z.B. dem 50. Lebensjahr, vor allem bei Vorliegen von zusätzlichen Risikofaktoren, wie beruflicher Schadstoffexposition oder familiärer Lungenkrebsbelastung, jährliche CT- Untersuchungen anzuraten. In Österreich gibt es noch kein Screening-Programm zur Früherkennung.
Wegen mangelnder Treffsicherheit nicht empfohlen werden Lungenröntgen, Zelluntersuchung des Auswurfs, endoskopische Untersuchung der Bronchien (Bronchoskopie) und die Bestimmung von Tumormarkern!
Diagnostik von Lungenkrebs
Als Basisdiagnostik des Lungenkarzinoms kann das folgende Untersuchungsprogramm angesehen werden:
- Anamnese, klinische Untersuchung
- Laboruntersuchungen
- Röntgen Thorax (p.a. und seitlich)
- Spiral-CT Thorax (inkl. Oberbauchregion bis inkl. Nebennieren)
- Bronchoskopie
- Sonografie Abdomen
- MRT Schädel
- PET Scan
- Thorakoskopie
Besonders wichtig ist die Anamnese bezüglich Rauchen sowie eine genaue berufliche Anamnese, diese stellen die bisherige Belastung durch etwaige krebserregende Schadstoffe am Arbeitsplatz fest. Eine weitere wichtige Information ist, ob in Ihrer Familie bereits Fälle von Lungenkrebs vorgekommen sind.
Eine Blutuntersuchung wird routinemäßig durchgeführt. Sie dient aber hauptsächlich der Einschätzung Ihres körperlichen Allgemeinzustandes. Ein konkreter Blutwert, der auf ein Lungenkarzinom hinweisen kann (Tumormarker) steht leider nicht zur Verfügung.
Die Übersichtsaufnahme in zwei Ebenen ist das am häufigsten eingesetzte initiale radiologische Verfahren im Thoraxbereich. Sie wird häufig bereits vor oder bei Verdacht auf Lungenkarzinom durchgeführt.
Die CT soll grundsätzlich als kontrastmittelverstärkte Untersuchung von Thorax und Oberbauch (Nebennieren und Leber) durchgeführt werden.
Die Bronchoskopie stellt die wichtigste Methode zur Diagnosesicherung dar. Insbesondere bei zentralen Tumoren besteht eine ausgezeichnete diagnostische Sicherheit, bei peripheren Tumoren hängt die Trefferquote von der Rundherdgröße ab. Somit sollte ein Patient bei Verdacht auf Lungenkarzinom mit einem Durchmesser von mehr als 2 cm einer Bronchoskopie zugeführt werden.
Eine MRT (Magnetresonanzuntersuchung) des Schädels stellt den Goldstandard in der Diagnostik zum Ausschluss von Metastasen im Gehirn da.
Die PET ist ein nicht-invasives, nuklearmedizinisches Schnittbild-Verfahren zur Darstellung und quantitativen Messung physiologischer Funktionen und biochemischer Prozesse mittels entsprechender Radiopharmaka. In der Onkologie nutzt die PET den erhöhten Tumorstoffwechsel und andere spezifische pathophysiologische Prinzipien zur Ganzkörperdiagnostik. Da die PET als Ganzkörperdiagnostik durchgeführt wird, können neben dem Primärtumor und Lymphknotenmetastasen auch Fernmetastasen im Rahmen einer einzigen Untersuchung nachgewiesen werden.
Bei Patienten mit unklarem Pleuraerguss und vor Durchführung einer kurativen Lokaltherapie (Operation, Bestrahlung) sollte bei unauffälliger Zytologie im Pleurapunktat eine Thorakoskopie entweder in Allgemeinnarkose oder in Lokalanästhesie zum Beweis bzw. zum Ausschluss einer pleuralen Tumoraussaat durchgeführt werden.
Staging und Grading bei Lungenkrebs
Die TNM-Klassifikation
Anhand der TNM-Klassifikation wird der Ausbreitungsgrad einer Tumorerkrankung definiert:
T steht für den primären Tumor in der Lunge
N steht für Nodus, lateinisch für Lymphknoten
M steht für Metastasen
Staging:
Auf Basis der TNM-Klassifikation wird beim Staging die Erkrankung in Stadien eingeteilt.
Unter Zuhilfenahme der Ausbreitung von Tumor, Lymphknotenbefall und Fernmetastasen werden fünf Krankheitsstadien unterschieden.
- Stadium 0: Carcinoma in situ, keine Lymphknoten- oder Fernmetastasen
- Stadium I: Tumor T1, keine Lymphknoten- oder Fernmetastasen
- Stadium II und III: Die Stadien II und III haben gemeinsam, dass keine Fernmetastasen vorliegen (M0). Tumor und Lymphknotenbefall können aber unterschiedlich sein. So bedeuten z. B. ein kleiner Tumor mit Lymphknotenmetastase (T1N1) oder ein größerer Tumor ohne Lymphknotenmetastase (T3N0) dasselbe Stadium II. Ein relativ kleiner Tumor mit ausgedehntem Lymphknotenbefall (T1N2) und ein sehr ausgedehnter Tumor ohne Lymphknotenbefall (T4N0) können dasselbe Stadium III bedeuten.
- Stadium IV: Es liegen Fernmetastasen vor (M1)
Grading:
Unter Grading versteht man die Einordnung eines Tumors nach dem Differenzierungsgrad seiner Zellen, das heißt, wie sehr sie den ursprünglichen Zellen ähneln bzw. wie stark entartet sie sind.
G1 = gut differenziert
G2 = mäßig differenziert
G3 = schlecht differenziert.
Je besser differenziert die Tumorzellen sind, desto weniger entartet und bösartig sind sie. Das Grading wird nur bei bestimmten Lungentumorarten wie dem nicht-kleinzelligen Adenokarzinom angewandt.
Prognose des Lungenkrebs
Wie häufig bei Krebserkrankungen hängt die Prognose davon ab, wie weit fortgeschritten die Erkrankung zum Zeitpunkt der Diagnosestellung ist. Je früher ein Bronchialkarzinom erkannt wird, umso besser ist die Prognose.
Ein weiteres Kriterium ist die Art des Tumors. Im Allgemeinen ist die Prognose des nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinoms besser als jene des kleinzelligen, weil das kleinzellige wie bereits beschrieben dazu neigt, schneller zu wachsen und früher Metastasen zu bilden. Lungenkrebs wird in vielen Fällen erst in einem fortgeschrittenen Stadium festgestellt. Aus diesem Grund gilt die Prognose insgesamt als eher ungünstig.
Die beste Prognose haben Patientinnen in den Tumorstadien IA und IB.
Trotz der Fortschritte in der Diagnostik und Therapie liegt die 5-Jahres-Überlebensrate der Patienten mit Lungenkarzinom in europäischen und nordamerikanischen Ländern nur in einem Bereich von 5,5 – 15,7 %.
Die 5-Jahres-Überlebensrate variiert in Abhängigkeit vom Stadium der Tumorerkrankung zum Zeitpunkt der Diagnose. Aufgeschlüsselt nach dem Krankheitsstadium werden folgende 5-Jahres- Überlebenswahrscheinlichkeiten angegeben: Bei nur lokalem Befund überleben 49% der Patienten 5 Jahre, 16% bei regionaler Lymphknotenbeteiligung bzw. 2% bei Fernmetastasen. Alle Werte sind als Richtwerte zu interpretieren und man muss immer die individuelle Gesamtkonstellation berücksichtigen.
Therapiemöglichkeiten des Lungenkrebs
Therapie des nicht-kleinzelligen Lungenkarzinoms
Grundsätzlich stehen in Abhängigkeit des Tumorstadiums verschiedene Therapieoptionen zu Verfügung:
Diese beinhalten eine chirurgische Therapieform (=Operation), eine systemische Therapie (=Chemotherapie, Immuntherapie), sowie eine Strahlentherapie.
Bei Adenokarzinomen (oder anderen Nichtplattenepithelkarzinomen) und bei Plattenepithelkarzinomen bei Nichtrauchern ist die Biomarkeranalyse im Hinblick auf das Vorliegen von Treibermutationen von entscheiden- der Bedeutung. Zu den häufigsten Mutationen zählen EGFR, EML4-ALK, ROS1, BRAF, MET, RET und NTRK. Diese Patienten sollten einer zielgerichteten Therapie in der ersten Linie zugeführt werden. Der PD-1- bzw. PD-L1- Status entscheidet über die Art der Immuntherapie: Immuntherapie allein oder Immuntherapie in Kombination mit Chemotherapie.
Patienten mit fortgeschrittenem NSCLC, für die eine zielgerichtete Therapie nicht geeignet ist, erhalten eine Immuntherapie ± Chemotherapie.
Je nach Stadium unterscheidet man folgende Optionen:
Therapie Stadium I / II und T3N1 (IIIA)
Operation: (Resektion im Stadium I / II und T3N1), (IIIA):
Die Operation in kurativer Absicht ist das Verfahren der Wahl. Voraussetzung ist eine adäquate kardio-pulmonale Reserve. Die funktionelle Reserve des Patienten wird immer vor einer potentiellen Operation mittels Lungenfunktionsprüfung (=Spirometrie) erhoben.
Standardverfahren und gleichzeitig empfohlene chirurgische Maßnahmen sind die Lobektomie (Lappenentfernung) einschließlich systematischer Entfernung von dort befindlichen Lymphknoten.
Effektivität:
Die 5-Jahres-Überlebensrate beträgt heutzutage für das postoperativ gesicherte Stadium IA 69% bis 89 % , für das Stadium IB 52% bis 75 % . Das Stadium IIA, IIB (N1-Status) beschreibt den Befall intrapulmonaler und/oder hilärer Lymphknoten in Gegenwart eines T1- oder T2-Tumors. Die Operation in Form der Lobektomie, ergänzt durch ipsilaterale Lymphknotendissektion, ist Bestandteil der Behandlung im Stadium IIA und IIB (N1). Das 5-Jahresüberleben beträgt 45% bis 52% für das Stadium IIA, 33% für das Stadium IIB (N1) und 24% bis 44% für das Stadium IIIA.
Präoperative Chemotherapie: (=Chemotherapie vor geplanter Operation)
Die neoadjuvante Chemotherapie (=Chemotherapie vor geplanter Operation) zur präoperativen Tumorreduktion als Bestandteil der „multimodalen“ Therapie kommt grundsätzlich ab Stadium III zur Antwendung.
Postoperative Chemotherapie:
Die Ergänzung der Operation durch eine postoperative zytotoxische Chemotherapie oder durch orales Tegafur-Uracil (UFT) ist ein breit untersuchter Ansatz zur systemischen Behandlung von Mikrometastasen und zur Senkung der Rezidivrate.
Postoperative Radiotherapie und Radio-/Chemotherapie:
Die postoperative Strahlentherapie ist eine der ältesten supplementären Therapien nach Resektion des NSCLC. Allerdings führen weder eine postoperative Radiotherapie noch eine postoperative Chemoradiotherapie nach der vorliegenden Evidenz im Stadium I oder II zu einer Verlängerung der Überlebens- bzw. der rezidivfreien Überlebenszeit.
Definitive Radiotherapie im Stadium I/ II und T3N1 (IIIA):
Die Strahlentherapie ist die effektivste Therapie des NSCLC im Stadium I/II bei „funktionell“ inoperablen Patienten. Die Bezeichnung „funktionell“ inoperable Patienten umfasst sowohl Patienten, die aufgrund ihrer Lungenfunktionseinschränkung wie auch aufgrund von bestehender Komorbidität oder Alter einem radikalen thoraxchirurgischen Eingriff nicht zugänglich sind.
Strahlentherapie des Mediastinums (das Medastinum ist der Raum zwischen den beiden Lungenflügeln):
Im Stadium I und II gibt es keine Evidenz, dass durch eine elektive Mediastinalbestrahlung die Prognose verbessert werden kann.
Stereotaktische Strahlentherapie:
In mehreren kleineren, prospektiven, nicht randomisierten Studien wurde eine hochkonformale Strahlentherapie unter Verwendung multipler Einstrahlrichtungen bei Patienten im Stadium I untersucht. Dabei wurde die Präzision durch eine stereotaktische oder bildbasierte Patientennavigation, teilweise mit Atemtriggerung sichergestellt. Aufgrund des auf den Primärtumor beschränkten Zielvolumens ist ein bildgebender (PET) und ggf. mediastinoskopischer Ausschluss eines Lymphknotenbefalls zu erwägen.
Therapie Stadium III (T1-3N2 / T1-3N3 / T4N0-3):
Die TNM-Stadienzusammenfassung in IIIA und IIIB unterschied technisch resek- table – jedoch prognostisch ungünstige – Tumorausbreitungen im Stadium IIIA von in der Regel technisch inoperablen Erkrankungsausdenungen (Stadium IIIB). Weiterentwicklungen in Staging, Operationstechnik und multimodalen Ansätzen haben die Grenzen dieser Einteilung für therapeutische Entscheidungen gezeigt. Eine optimale Behandlungswahl für den einzelnen Patienten erfordert vor Therapiebeginn die interdisziplinäre Diskussion und Festlegung (zumindest Beteiligung von Pneumologie, Onkologie, Thoraxchirurgie, Radioonkologie und diagnostischer Radiologie)
Bei fehlenden Hinweisen auf einen mediastinalen Lymphknotenbefall (negatives CT, negative Mediastinoskopie, negatives PET) erfolgt primär die Operation. Wird dann intraoperativ makroskopisch oder mikroskopisch ein Befall mediastinaler Lymphknoten nach- gewiesen (IIIA2 oder IIIA1 nach Robinson) erfolgt eine adjuvante Chemotherapie.
Darüber hinaus sollte die Indikation für eine adjuvante mediastinale Radiotherapie im Nachgang zur Chemotherapie geprüft werden.
Eine Bestrahlung nach der Operation im Stadium III A(N2) führt zu einer signifikanten Reduktion von Lokalrezidiven.
Therapie Stadium IV / IIIB:
Ziele der Behandlung im Stadium IIIB/IV sind die Reduktion tumorbedingter Symptome und die Verlängerung der Überlebenszeit!
Somit sollte bei Patienten im Stadium IIIB/IV eine Chemotherapie zur Verbesserung der Überlebenszeit, der Krankheitskontrolle und der Lebensqualität durchgeführt werden sofern dies der Allgemeinzustand erlaubt.
Therapie synchroner solitärer Metastasen (Hirnmetastasen sowie Nebennierenmetastasen) unter Einbezug der Resektion des Primärtumors:
Die Lebenszeit von Patienten im Stadium IIIB/IV ist begrenzt. Von vornherein sollte in dieser Situation ein stabiler und zuverlässiger Betreuungskontext hergestellt werden.
Neben der medizinischen Behandlung sollten im Rahmen des Aufklärungsgespräches bzw. im fortlaufenden Gesprächskontakt die Möglichkeiten zur Rehabilitation, psychoonkologischen Unterstützung, Sozialberatung bzw. Unterstützung durch Selbsthilfegruppen angeboten und organisiert werden.
Im Stadium IIIB/IV sollte zunächst geprüft werden, ob eine Erkrankungsmanifestation einer zeitnahen Intervention bedarf.
Bei Vorstellung in einem interdisziplinären Zentrum (Pneumologie; Radioonkologie; Thoraxchirurgie; Onkologie; diagnostische Radiologie; Ernährungsberatung und – therapie; psychologische Beratung und Betreuung; Sozialdienst; Palliativmedizin; im Bedarfsfall Tumororthopädie und Neurochirurgie) sollte eine zeitnahe Entscheidungsfindung und –umsetzung (interdisziplinäre Tumorkonferenz; Doku- mentation der Therapiefestlegung) gewährleistet sein.
Zusammenfassend muss festgehalten werden, dass der Therapiealgorithmus beim fortgeschrittenen NSCLC kontinuierlich an Komplexität zunimmt. Zum einen werden neue Substanzen auf den Markt gebracht, zum anderen Substanzkombinationen und vor allem Therapiesequenzen auf ihre Wirksamkeit untersucht.
Therapie des kleinzelligen Lungenkarzinoms
Wichtigster Prognoseparameter ist die Ausbreitung der Tumorerkrankung. Grundsätzlich unterscheidet man beim kleinzelligen Bronchuskarzinom (SCLC) zwei Formen:
“Limited disease“ (LD)
Auf den initialen Hemithorax begrenzter Tumor mit oder ohne ipsi- oder kontralaterale mediastinale oder ipsilaterale supraklavikuläre Lymphknotenmetastasen und mit oder ohne ipsilateralen Pleuraerguss unabhängig vom zytologischen Ergebnis.
„Extensive disease“ (ED)
Jede Ausbreitung über „limited disease“ hinaus.
Therapie Limited desease (LD):
Eine alleinige Operation ist für ein kleinzelliges Lungenkarzinom eine unzureichende Therapiemaßnahme. Operative Therapien müssen stets mit chemotherapeutischer Behandlung kombiniert werden.
Zentrale Therapiemaßnahme ist die Durchführung einer Kombinationschemotherapie. Diese wird stadienabhängig durch lokale Therapiemaßnahmen ergänzt. Bei fehlender Fernmetastasierung und bestrahlungsfähiger Tumorausbreitung erhöht die Primärtumorbestrahlung die Heilungsrate. In allen Stadien senkt darüber hinaus bei ansprechenden Patienten die prophylaktische Schädelbestrahlung die intracerebrale Rezidivrate und verlängert das Überleben.
Eine primäre definitive Chemo-Stahlentherapie steht als Therapiealternative zur Verfügung.
Therapie Extensive Desease (ED):
Bei nicht bestrahlungsfähiger bzw. metastasierter Tumorausbreitung besteht in aller Regel keine kurative Behandlungsmöglichkeit mehr. Das primäre Therapieziel besteht in einer effektiven Palliation. Standardtherapie ist zunächst die Durchführung einer systemischen Chemotherapie. Die am häufigsten eingesetzte Kombination besteht aus den Medikamenten Platin und Etoposid.
Patienten mit Hirnmetastasierung sollten frühzeitig im Therapieverlauf bestrahlt werden. Bei symptomatischer Hirnmetastasierung sollte die Ganzhirnbestrahlung unmittelbar nach Diagnosestellung erfolgen.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass Patienten mit nichtbestrahlungsfähiger Tumorausbreitung primär eine systemische Chemotherapie über in der Regel 6 Zyklen in 3-wöchigen Intervallen erhalten sollten.
verfasst von:
OA Dr. Markus Marcher, Facharzt für Thoraxchirurgie & Spezialist für Lungenkrebs
In seiner Wahlarztordination möchte er Ihnen als Facharzt für Thoraxchirurgie sowie Arzt für Allgemeinmedizin jene Aufmerksamkeit und Zeit bieten, welche Sie in einer eventuell überfüllten Kassenordination nicht erhalten können.
Es ist sein vordringlichstes Ziel im persönlichen Gespräch ausführlich auf die Probleme der Patienten eingehen zu können.